Etwa 1,2 Millionen Menschen leben in Deutschland derzeit mit einer Demenz-Erkrankung – und die Zahl der Betroffenen wird in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter zunehmen. Grund dafür ist das steigende Durchschnittsalter der Gesellschaft und das Auftreten der Krankheit gerade in den älteren Generationen. Zwischen 65 und 69 Jahren leidet jeder Zwanzigste an Demenz, zwischen 80 und 90 Jahren ist es schon fast jeder Dritte. Bereits 2030 wird mit einem Anstieg der Betroffenen auf 2,5 Millionen Menschen gerechnet – das ist mehr als das Doppelte des bisherigen Wertes. Eine Aufklärung über die Ursachen sowie die richtige Behandlung der Erkrankten sind deshalb enorm wichtig. Im Folgenden erhalten Sie die wichtigsten Informationen kompakt zusammengefasst.
Ist Demenz nicht das Gleiche wie Alzheimer?
Oftmals werden die beiden Begriffe „Demenz“ und „Alzheimer“ synonym verwendet, weil Unklarheit über die Abtrennung der Erkrankungen besteht. Demenz ist aber nur der Oberbegriff für Krankheitsbilder, die mit einem Verlust der geistigen Funktionen wie zum Beispiel dem Denken, Erinnern, Orientieren und dem Verknüpfen von Denkinhalten einhergehen, sodass alltägliche Aktivitäten nur noch beschränkt oder überhaupt nicht mehr selbstständig durchgeführt werden können. Zu den Demenz-Krankheiten zählen die Alzheimer-Demenz, die Vaskuläre Demenz, Morbus Pick und weitere Demenzformen.
Alzheimer-Demenz
Rund 60 Prozent aller Demenz-Erkrankungen werden durch die häufigste Form der Demenz-Erkrankung, die Alzheimer-Demenz, hervorgerufen. Verursacht wird sie durch Störungen des Gleichgewichts des Botenstoffs Glutamat im Gehirn, wodurch Nervenzellen absterben. Deshalb spricht man auch von einer neurodegenerativen Demenz.
Um die Symptome der Krankheit, wie die eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit, zu behandeln und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen, werden meist Antidementiva, auch als Nootropika bezeichnet, verabreicht.
Vaskuläre Demenz
Aufgrund von Durchblutungsstörungen kann es zu plötzlichen Verschlechterungen der Hirnleistung sowie zu schlaganfallartigen Symptomen kommen. Eine Mischform aus Alzheimer- und Vaskulärer Demenz ist ebenfalls möglich.
Sekundäre Demenzen
Sekundäre Demenzen gehen auf nicht-hirnorganische Ursachen zurück, beispielsweise einen Vitamin B12-Mangel, Alkoholismus und andere chronische Vergiftungen oder Infektionskrankheiten wie eine Hirnhautentzündung oder AIDS. Wenn diese Ursachen erfolgreich behandelt werden, kann auch die Krankheit gestoppt werden. Dennoch sind nur 10 % der Demenz-Erkrankungen auf sekundäre Faktoren zurückzuführen.
Die Ursachen der Demenz vom Alzheimer-Typ
Die Ursache dieser degenerativen Erkrankung ist bisher ungelöst. Die Symptome sind zunehmende Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten aufgrund des Absterbens der Nervenzellen im Gehirn und des Verlustes einzelner Gehirnstrukturen.
Aus welchen Gründen es zu den Veränderungen im Gehirn kommt, wird weltweit erforscht. Man weiß inzwischen, dass sich im Laufe der Krankheit Eiweiß-Spaltprodukte, Amyloide genannt, im Gehirn ablagern, welche die Reizübertragung zwischen den Nervenzellen, die wiederum verantwortlich sind für die geistige Leistungsfähigkeit, blockieren.
Besser weiß man bereits darüber Bescheid, wie die Alzheimer-Erkrankung entsteht. Die Kommunikation zwischen Neuronen, also den Nervenzellen, findet über bestimmte Botenstoffe statt, die sogenannten Neurotransmitter. Diese werden in dem synaptischen Spalt, dem Zwischenraum zwischen zwei Nervenzellen, ausgeschüttet und binden sich an Rezeptoren an, die die passende Oberfläche bieten – das nennt man auch das „Schlüssel-Schloss-Prinzip“.
Es gibt viele unterschiedliche Neurotransmitter im Gehirn. Für die Alzheimer-Demenz spielen vor allem Glutamat und Acetylcholin eine Rolle. Bei Erkrankten wird immer weniger Acetylcholin produziert, wodurch die Übertragung der Lerninformationen erschwert wird.
Erhöhte Glutamat-Werte bei Demenz-Erkrankten sorgen hingegen dafür, dass die Nervenzellen quasi dauererregt sind, wodurch neue (Lern-)Signale nicht mehr richtig erkannt und weitergeleitet werden können. Durch die ständige Überreizung erkrankt das Neuron schließlich und stirbt ab. Je mehr Neuronen absterben, desto schwerer fällt die Symptomatik aus.
Symptome der Alzheimer-Demenz
Generell kann man zwischen drei Stadien unterscheiden, bei denen die Symptome in ihrer Schwere differieren: dem Anfangsstadium, dem moderaten Stadium und dem schweren Stadium. Es gibt weitere Differenzierungen, die hier nicht der allgemeinen Information dienen würden.
Anfangsstadium
Erste geistige Defizite wie Vergesslichkeit und zeitliche Orientierungsschwierigkeiten sind möglich. Ein vollständig selbstständiges Leben ist aber weiterhin möglich.
Moderates Stadium
Durch den zunehmenden Verlust der geistigen Fähigkeiten ist die Selbstständigkeit eingeschränkt. Es können folgende Störungen auftreten:
- Erkennungsstörungen
- Handfertigkeitsstörungen (Haushalt, Ankleiden)
- Steigende Vergesslichkeit
- Desorientierung in Zeit und Raum
- Sprachstörungen
- Vernachlässigung der Hygiene
- Rechenstörungen
- Problemlösungsunfähigkeit
- Wahnvorstellungen (z. B. Bestellungsideen)
Schweres Stadium
Völlige Pflegeabhängigkeit durch Verlust der Alltagskompetenz mit folgenden Symptomen:
- Erkennungsstörungen
- Sprachzerfall
- Mangelnde Orientierung
- Agnosie (Nicht-Erkennung von Angehörigen)
- Inkontinenz
- Gedächtniszerfall
Generell gilt: Bei ersten Anzeichen, wie vermehrtem Auftreten der oben genannten Symptome, sollte man Rat bei einem Arzt suchen, der eine Diagnose stellen kann. Eine frühestmögliche Diagnose ermöglicht es die Erkrankung effektiver zu behandeln und deren Voranschreiten schon im Anfangsstadium zu verlangsamen.
Doch was macht man, wenn auf einmal die Schreckensdiagnose Demenz gestellt wird?
Das Leben nach der Diagnose
Im ersten Moment ist die Diagnose Demenz ein großer Schock für den Betroffenen und seine Angehörigen, schon allein dadurch, dass sich die Symptome im Alter mit großer Wahrscheinlichkeit immer weiter verschlechtern und einen einst gesunden Menschen zu einem Pflegefall werden lassen. Aber so schwer die Diagnose ist, es ist sehr wichtig, sich nicht zu verschließen und mit Freunden, der Familie oder sogar in Selbsthilfegruppen das Gespräch zu suchen.
Aufgrund der meist langsam fortschreitenden Demenz-Erkrankung kann man sich auf die Folgen vorbereiten und notwendige Vorkehrungen treffen, um das weitere Leben für sich und seine Angehörigen angenehmer zu gestalten und seinen Angehörigen viel Arbeit und Sorgen zu ersparen.
Dazu gehört, Entscheidungen in verschiedenen Bereichen zu treffen, damit die eigenen Wünsche später auch respektiert werden können. Auf rechtlicher Seite muss zum Beispiel geklärt werden, wer für den Betroffenen als Vormund wichtige Entscheidungen übernimmt, wenn derjenige selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Für die medizinische und pflegerische Versorgung sollte eine Patienten- und Betreuungsverfügung ausgefüllt werden. Formulare und Tipps hierfür gibt es im Internet. Hier kann man festlegen, welche Pflegeeinrichtung man sich wünscht und welche medizinischen Maßnahmen in welchem Umfang erfolgen sollen. Auch über die Finanzierung muss gesprochen werden: Reicht die Kranken- und Pflegeversicherung für die Deckung der Behandlungskosten aus oder muss eine Zuzahlung erfolgen? Und wer kümmert sich um die Finanzen und das Vermögen, wenn man es selbst nicht mehr kann? Testamente und Vollmachten sollten ebenso frühzeitig vorbereitet werden.
Tipps für Demenzkranke im Frühstadium
Anstatt sich zurückzuziehen und im schlimmsten Fall den Fortschritt der Krankheit noch zu beschleunigen, gibt es für Erkrankte gerade in der ersten leichten Phase der Erkrankung viele nützliche Tipps, wie man trotz der Krankheit ein relativ selbstbestimmtes und eigenständiges Leben führen kann.
Dazu zählt, Freizeitaktivitäten weiterhin nachzugehen und sie nicht aus Angst vor dem Gerede Anderer einzustellen. Je länger man dem nachgeht, was man gerne tut, umso ausgeglichener und leistungsfähiger bleibt man. Dazu gehören auch sportliche Aktivitäten, die nicht nur das körperliche Wohlbefinden steigern, sondern auch bei Schlafstörungen und Depressionen helfen.
Genauso wichtig ist die richtige Ernährung. Bei einer Demenz-Erkrankung kann das Gefühl für Hunger und Durst beeinträchtigt sein, wodurch eine körperliche Schwäche und eine Verschlechterung der Symptome auftreten können. Feste Essenszeiten können helfen, dem entgegenzuwirken.
Auch der Tages- und Nachtrhythmus kann durch eine zeitliche Desorientiertheit gestört sein. Umso wichtiger sind feste Strukturen im Alltag und Aktivitäten tagsüber, die einen nachts in Ruhe schlafen lassen.
Feste Strukturen werden vor allem auch durch den Erhalt des Arbeitsplatzes erreicht. Solange wie dies möglich ist, sollte der gewohnten Tätigkeit nachgegangen werden. Reden Sie mit Ihrem Arbeitgeber und besprechen Sie, welche Aufgaben, angepasst an Ihre Leistungsfähigkeit, weiterhin ausgeführt werden können.
Tipps für Angehörige
Gerade für Familienmitglieder ist es in der ersten Zeit sehr schwer, mit der neuen Situation zurechtzukommen. Ein Wechselbad der Gefühle steht bevor und lässt einen über Mitleid bis hin zur Hilflosigkeit oftmals ganz alleine dastehen. Der Alltag wird komplett auf den Kopf gestellt, wenn man sich um das Familienmitglied allein kümmern muss. Deshalb ist es wichtig, sich von Freunden, von der Familie und professionell ausgebildeten Pflegekräften Unterstützung zu holen und auch auf die eigenen Grenzen zu achten.
Darüber hinaus hilft es, sich in die Situation der Erkrankten hineinzuversetzen, um Konflikte zu vermeiden und eine Kommunikation zu ermöglichen. So können sich Kranke oft an frühe Dinge ihrer Jugend erinnern – das kann man nutzen. Beim gemeinsamen Hören alter Musik oder Anschauen von Bildern werden Erinnerungen wach und die geistige Aktivität im Gehirn wird gefördert.
Mit kleinen Tricks den Alltag bewältigen
Auch wenn viele Dinge den Demenzkranken schwerfallen, Hilfe zur Selbsthilfe lautet die Devise. Denn auch wenn es manchmal länger dauern mag, je länger die Selbstständigkeit gefördert wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass die Krankheit langsamer fortschreitet.
Auch wenn Demenz bisher noch nicht geheilt werden kann, so kann das Leben auch mit der Krankheit positiv und angenehm gestaltet werden. Betroffene sind dabei nicht alleine, es gibt viele Menschen, denen es ähnlich geht oder die gerne helfen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) umfasst 135 Mitgliedsgesellschaften mit Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen deutschlandweit, um Betroffenen und Angehörigen zu helfen. Wichtig ist es, Hilfe anzunehmen und so ein Leben mit der Krankheit möglich zu machen.