Im Jahr 2017 tritt die Reform der Pflegestufen in Kraft, welche die bisher bestehenden Pflegestufen ablöst. Schon lange wurde kritisiert, dass die bisher bestehenden Pflegeleistungen den Anforderungen der Pflegebedürftigen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, vor allem Demenzkranken, nicht gerecht werden. Die Reform 2017 soll dies ändern. Bei der Einteilung der Pflegestufen, welche ab 2017 Pflegegrade genannt werden, spielen nicht mehr nur körperliche Einschränkungen eine Rolle, sondern geistige Erkrankungen werden ebenso berücksichtigt.
Auch die einzelnen Abstufungen werden neu gegliedert, um mehr Differenzierungen vornehmen zu können. Voraussichtlich werden Menschen mit geistiger Erkrankung einen Grad höher als bisher eingestuft. Im Folgenden sehen Sie eine Übersicht über die Verschiebung der Einstufungen – es gibt insgesamt fünf Pflegegrade:
- Pflegestufe 0 → Pflegegrad 2
- Pflegestufe 1 → Pflegegrad 2
- Pflegestufe 1 + eingeschränkte Alltagskompetenz → Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 → Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 + eingeschränkte Alltagskompetenz → Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 → Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 + eingeschränkte Alltagskompetenz → Pflegegrad 5
- Härtefall → Pflegegrad 5
Zukünftige Veränderungen im Pflegebereich
Das sogenannte zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung ist bereits zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Deshalb ist dies das Jahr, in dem folgende Reformen umgesetzt werden sollen: ein verbessertes Begutachtungsverfahren, Umstellung der Pflegestufungen und neue Leistungsbeiträge. Zudem soll die Anzahl der Pflegekräfte erhöht werden und das Angebot an pflegerischer Beratung für Angehörige und Betroffene ausgebaut werden.
Bereits 2015 wurden erste Reformen vorgenommen: Die Leistungen sämtlicher Bereiche der Pflege wurden um vier Prozent erhöht, um die Inflation auszugleichen. Diese Angleichung an die Preisentwicklung soll künftig alle drei Jahre erfolgen.
Vorteile der Reform im Überblick
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit wird niemand durch die Pflegereform schlechter dargestellt als vorher – im Gegenteil: Viele Pflegebedürftige werden finanziell davon profitieren, da im Durchschnitt höhere Leistungen geboten werden.
Insgesamt werden zudem die Bedürfnisse von Demenzkranken stärker berücksichtigt, neue Begutachtungskriterien erstellt, die Angleichung an die Preisentwicklung vollzogen und mehr Gelder für den Bereich der Pflege zur Verfügung gestellt.
Neues Begutachtungsassessment (NBA)
Wie bereits erwähnt, soll es künftig nicht mehr nur auf die körperliche Einschränkung des Betroffenen ankommen, sondern gleichwertig auf geistige Erkrankungen. Neu ist zum Beispiel auch, dass die minutengenaue Zeitmessung irrelevanter wird und somit der Pflegebedürftige ganzheitlich in seiner Selbstständigkeit bewertet werden soll. Das geschieht dann mithilfe einer Punktevergabe. Auf einer Skala von 0 bis 100 wird die Einteilung in eine der fünf Pflegegrade vorgenommen – dies gilt wohlgemerkt nur für neue Fälle von Pflegebedürftigen. Folgende Kriterien sind dabei wichtig:
- Hilfen bei Alltagsverrichtungen
- psychisch-soziale Unterstützung
- nächtlicher Hilfebedarf
- Präsenz am Tag
- Unterstützung beim Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen
- Organisation der Hilfen
Übersicht der einzelnen Pflegegrade
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (12,5 – 26,5 Punkte)
Menschen, die bisher die Bedienungen für Pflegestufe 0 nicht erfüllt haben, werden nun dem Pflegegrad 1 zugeordnet und haben somit die Chance auf Unterstützung.
Voraussetzungen:
- Grundpflege: 27 – 60 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: bis 1x täglich
- nächtliche Hilfen: nein
- Präsenz tagsüber: nein
Pflegegrad 2 – erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (27 – 47 Punkte)
Die ehemaligen Pflegestufen 0 und 1 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz sind ab 2017 der Pflegegrad 2. Hierbei wird nochmal zwischen Pflegebedürftigen mit und ohne eingeschränkter Alltagskompetenz unterschieden, wodurch sich die Pflegeleistungen differenzieren.
Voraussetzungen:
- Grundpflege: 30 – 127 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: bis 1x täglich
- nächtliche Hilfen: 0 – 1x
- Präsenz tagsüber: nein
Voraussetzungen mit psychologischer Erkrankung:
- Grundpflege: 8 – 58 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: 2 – 12x täglich
- nächtliche Hilfen: nein
- Präsenz tagsüber: weniger als 6 Stunden
Pflegegrad 3 – schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (47,5 – 69,5 Punkte)
Menschen, die bisher den Pflegestufen 1 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 2 (ohne eingeschränkte Alltagskompetenz) zugeordnet wurden, entsprechen nun dem Pflegegrad 3. Höhere Pflegeleistungen gelten nun für diejenigen, die bisher nur zur ersten Pflegestufe zugezählt wurden.
Voraussetzungen:
- Grundpflege: 131 – 278 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: 2 – 6x täglich
- nächtliche Hilfen: 0 – 2x
- Präsenz tagsüber: weniger als 6 Stunden
Voraussetzungen mit psychologischer Erkrankung:
- Grundpflege: 8 – 74 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: 6x täglich bis ständig
- nächtliche Hilfen: 0 – 2x
- Präsenz tagsüber: 6 – 12 Stunden
Pflegegrad 4 – schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (70 – 89,5 Punkte)
Die bisherigen Pflegestufen 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 3 werden nun dem Pflegegrad 4 zugeteilt.
Voraussetzungen:
- Grundpflege: 184 – 300 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: bis 2 – 6x täglich
- nächtliche Hilfen: 2 – 3x
- Präsenz tagsüber: 6 – 12 Stunden
Voraussetzungen mit psychologischer Erkrankung:
- Grundpflege: 128 – 250 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: 7x täglich bis ständig
- nächtliche Hilfen: 1 – 6x
- Präsenz tagsüber: rund um die Uhr
Pflegegrad 5 – schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung (ab 90 Punkten)
In diesem Pflegegrad gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder ohne, da es bereits die höchste Einstufung ist. Früher war dies die Pflegestufe 3 beziehungsweise der sogenannte „Härtefall“.
Voraussetzungen:
- Grundpflege: 24 – 279 Minuten
- psychisch-soziale Unterstützung: mind. 12x täglich
- nächtliche Hilfen: mind. 3x
- Präsenz tagsüber: rund um die Uhr
Die Einteilung des Pflegegrads beantragen
Falls bereits eine Einstufung in eine der alten Pflegestufen vorliegt, geht die Neueinteilung automatisch vonstatten. Wenn nicht, muss ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden, die einen Gutachter aussendet, welcher den Pflegegrad und die verbundenen Leistungen ermitteln wird. Man sollte eine Einstufung möglichst frühzeitig machen, da Leistungen erst im Monat der Antragsstellung erbracht werden können. Je früher also der Antrag gestellt wird, umso eher können Leistungen in Anspruch genommen werden.
Fazit: eine deutliche Verbesserung für alle Beteiligten
Die neuen Reformen bringen nicht nur mehr Geld und Unterstützung für pflegebedürftige Menschen, sondern lösen auch das Problem der unzureichenden Bewertungsverfahren. Mit der Durchsetzung der Reformen werden erstmals auch geistige Erkrankungen berücksichtigt. Aufgrund der Reform gewinnt die Gesellschaft deshalb auf vielen Ebenen und es wird eine deutliche Verbesserung des Gesundheitssystems im Bereich der Pflege erreicht.