Erfassung von Erkrankten mit kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen
Bis zum 01. Januar 2017 bekamen an Demenz Erkrankte nicht viele Leistungen aus der Pflegeversicherung gestellt. Mit dem neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit änderte sich diese Benachteiligung. Nun erhalten auch Erkrankte mit kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen gleichermaßen eine umfassende Berücksichtigung. Der Zugang zu den Pflegeversicherungsleistungen hat sich für diese Menschen deutlich verbessert.
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff – Wann ist ein Mensch der Pflege bedürftig?
Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind fünf Pflegestufen für eine bessere Differenzierung neu definiert worden.
Für das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit gibt es sechs Bereiche von Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit:
• Bereich „Mobilität“: Hier wird darauf geschaut, inwieweit sich ein Mensch – unter Berücksichtigung einer eventuellen Veränderung der Körperlage – selbstständig fortbewegen kann.
• Bereich „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“: Fokussiert wird hier die örtliche und zeitliche Orientierungsfähigkeit des Betroffenen. Es wird auch darauf geschaut, ob der Erkrankte selbstständig Entscheidungen treffen und ein Gespräch führen kann. Ist der Mensch in der Lage seine Bedürfnisse klar mitzuteilen?
• Bereich „Verhalten und psychische Belastungen“: Hier ist festzustellen, wie oft der Betroffene aufgrund von psychischen Belastungen Hilfe benötigt. Dies betrifft z. B. Fälle, in denen es um ängstliches oder aggressives Verhalten geht.
• Bereich „Selbstversorgung“: Kann sich der erkrankte Mensch im Alltag auf selbstständige Weise versorgen in Bezug auf die körperliche Pflege und die Nahrungsaufnahme?
• Bereich „Eigenständiger Umgang mit den Anforderungen hinsichtlich Therapie und Krankheit“: Wie sieht die Unterstützung beim Umgang mit Therapieformen und der Krankheit aus, wenn es z. B. um Medikamentenverabreichung oder Beatmungen geht?
• Bereich „Alltagsleben und soziale Kontakte“: Kann der Betroffene seinen Tagesablauf planen und ist er in der Lage soziale Kontakte zu pflegen?
Wie wird der entsprechende Pflegegrad errechnet?
Die Einteilung in einen bestimmten Pflegegrad erfolgt nach einem Punktesystem. Nach den oben genannten Bereichen werden für jedes Kriterium Punkte erhoben. Die Anzahl der Punkte orientiert sich an den vorhandenen oder nicht vorhandenen Fähigkeiten der Selbstständigkeit.
Hierbei gilt: Je höher die Punktzahl liegt, desto schwerwiegender wird die vorliegende körperliche und/oder geistige Einschränkung eingestuft. Die Punktzahlen der jeweiligen Bereiche werden addiert und gewichtet.
Dabei ist zu beachten, dass die Ergebnisse aus den jeweiligen Bereichen verschieden in die Berechnung des zu vergebenden Pflegegrades einfließen können. Es wird zum Beispiel der Bereich der Fähigkeit zur eigenständigen Versorgung mit 40 % gewichtet und der Bereich der Mobilität mit 10 %.
Die Gewichtung soll eine sachgerechte und angemessene Bildung der Gesamtpunktwerte in Hinsicht auf körperliche Einschränkungen auf der einen Seite und geistig-psychische Defizite auf der anderen Seite bewirken.
Wie hoch sind die Punkte bei den jeweiligen Pflegegraden?
Grundsätzlich liegt eine Pflegebedürftigkeit bei einer Mindestpunktzahl von 12,5 Punkten vor. Der Grad bestimmt sich nach folgenden Punktzahlen:
- Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen; 12,5 bis < 27 Punkte
- Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen; 27 bis < 47,5 Punkte
- Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen; 47,5 bis < 70 Punkte
- Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen; 70 bis < 90 Punkte
- Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen mit spez. Anforderungen; 90 – 100 Punkte
Bei Menschen, die einen vollständigen Verlust der Greif-, Steh- und Gehfähigkeiten aufweisen, liegt eine besondere Konstellation vor, die unabhängig vom Erreichen des Wertes von 90 Punkten ist.