Das Bobath-Konzept wurde im Rahmen der neurologischen Rehabilitation und Pflege entwickelt und wird heute in allen Bereichen der Pflege bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems, bei Bewegungsstörungen, Lähmungserscheinungen und Spastik eingesetzt. Es beruht dabei auf der Annahme der Umorganisationsfähigkeit (Plastizität) des Gehirns. Das heißt, dass gesunde Hirnanteile die Funktionen und Aufgaben der geschädigten Hirnanteile erlernen und übernehmen können.
Wissenschaftlich nachgewiesenen Erfolg hat das Bobath-Konzept bei der Therapie von Halbseitenlähmungen (Hemiplegien) nach einem Schlaganfall. In diesem Bereich sieht das Bobath-Konzept vor, die betroffene, gelähmte Seite vermehrt in die Bewegungsabläufe und Handlungen einzubinden und so das Gehirn zu einer Umorganisation zu bringen. Ohne die bewusste, sensorische Stimulation und Einbindung der gelähmten Körperhälfte kommt es nämlich häufig zu einem Vernachlässigen dieser Seite und zur Kompensation mittels der gesunden Körperhälfte. Durch vermehrt asymmetrische Bewegungen ist die Gefahr, schmerzhafte Spastiken (Muskelkrämpfe durch unkontrollierte, erhöhte Muskelspannung) zu entwickeln, deutlich erhöht. Patienten nach apoplektischem Insult (Minderdurchblutung des Gehirns) oder Schlaganfall sind die Hauptzielgruppen für den Einsatz des Bobath-Konzepts.
Bei welchen Patienten und mit welchem Ziel wird das Bobath-Konzept angewendet?
Neben den bereits erwähnten Patienten nach einem Schlaganfall mit Halbseitenlähmung wird das Bobath-Konzept auch in der Pflege von Patienten nach Hirnblutung, Schädel-Hirn-Traumen, mit Multipler Sklerose, Morbus Parkinson, nach neurochirurgischen Eingriffen, entzündlichen Erkrankungen des zentralen Nervensystems und apallischem Durchgangssystem eingesetzt.
Aus diesem Grund findet das Bobath-Konzept zunehmend auch generellen Einzug in die Krankenpflege mit dem Ziel, die Selbständigkeit und Unabhängigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens zu verbessern.
Seit der Entwicklung des Konzepts durch das Ehepaar Bobath (Physiotherapeutin Berta Bobath und ihr Ehemann, der Neurologe Dr. Karl Bobath) im Jahre 1943, wurden neben der Pflege zunehmend mehr Berufsgruppen und auch die Angehörigen berücksichtigt, so dass es heute ein „24-Stunden”-Konzept darstellt. Hintergrund ist das ständige Lernen des Gehirns, das auch in der Nacht im Schlaf aktiv ist.
Allgemeines Ziel ist dabei die: „größtmögliche Selbstständigkeit, Eigenaktivität und Handlungsfähigkeit des Patienten im Alltag unter der Berücksichtigung und Analyse der motorischen Kompetenzen“.
Übergeordnet sind dafür erforderlich, die individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen des Patienten zu definieren und ihn in die alltäglichen Handlungen bestmöglich zu integrieren. Die Motivation zur größtmöglichen Selbstständigkeit steht dabei im Mittelpunkt. Zum Wiedererlernen von motorischen Fähigkeiten sollen dafür alle Ebenen der Körperfunktionen und Körperstrukturen berücksichtigt werden, unter anderem auch mit dem Ziel, Sekundärveränderungen wie Versteifungen oder Spastiken zu vermeiden.
Welche Vorteile ergeben sich daraus?
Die intensive Mitarbeit des Patienten vorausgesetzt, steht das Wiedererlernen von Bewegungsabläufen und selbstständigen Handlungen des täglichen Lebens im Mittelpunkt der Bemühungen. Ein aktives Zutun zur Abwendung von weiterer Abhängigkeit von fremder Hilfe und eventueller Unterbringung in einem Pflegeheim sind so für den Patienten erreichbar. Dies fördert auch das Verständnis eines selbstbestimmten Lebens und verhindert eventuelle Sekundärveränderungen.
Über verschiedene Lernangebote, wie die Lagerung zur Steigerung der Wahrnehmung des eigenen Körpers oder zu Mobilisation und Handling bei Bewegung, wird die Anbahnung beziehungsweise das Wiedererlangen normaler, bilateraler Bewegungen ermöglicht. Auch im Rahmen der Körperpflege, des An- und Ausziehens und der Nahrungsaufnahme kann durch Selbsthilfetraining eine höhere Selbsttätigkeit erlangt werden. Besonders bei der Körperpflege ergeben sich dabei auch Parallelen und Synergien zur basalen Stimulation (Aktivierung der Wahrnehmungsbereiche). Durch die Einbindung der Angehörigen soll unter anderem auch die Motivation des Patienten gefördert werden. Das Konzept nach Bobath ist auf die aktive Mitarbeit des Patienten angewiesen und stößt bei mangelnder Motivation des Patienten an seine Grenzen.